1. Wie finde ich eine(n) Psychotherapeuten(in)?

Seit dem Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes gibt es Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten, an die Sie sich wenden können. Die Ärztlichen Psychotherapeuten finden Sie in der Ärztetafel Ihres Telefonbuchs unter der Rubrik: Psychoanalyse und Psychotherapie. Die psychologischen Psychotherapeuten finden Sie ebenfalls in Ihrem Telefonbuch unter dem Stichwort: Psychologische Praxis oder häufiger in den gelben Seiten unter den Stichworten: Psychotherapie, Psychologie, Psychologische Beratung.
Unter diesen Rubriken können Sie auch die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten finden. Sie bieten Psychotherapie nur für Kinder und Jugendliche an. Die Ärztlichen und Psychologischen Psychotherapeuten bieten meist ausschließlich Psychotherapie für Erwachsene an, nur manche haben auch eine eigene Ausbildung für die Therapie von Kindern (dann oft Verhaltenstherapie) absolviert.

  • Ärztliche Psychotherapeuten müssen über den Zusatztitel "Psychotherapie" oder "Psychoanalyse" verfügen oder müssen als "Facharzt für psychotherapeutische Medizin" oder als "Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie" anerkannt sein.
  • Psychologische Psychotherapeuten sind meist Diplom-Psychologen und müssen die Approbation als "Psychologischer Psychotherapeut" haben.

Wenn Sie sich dafür interessieren, welche Ausbildung Psychotherapeuten haben, dann ist das gar nicht so einfach zu beantworten. Es gibt sehr unterschiedliche Wege, die zu diesem Ausbildungsziel führen. Unter dem Stichwort Psychotherapieausbildungen finden Sie die entsprechenden Informationen.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen bieten auf ihren Internetauftritten auch die Möglichkeit der Arzt- und Psychotherapeutensuche an. Über den Link zur Kassenärztlichen Bundesvereinigung finden Sie dorthin.

Manche Psychotherapeuten/innen haben zusätzlich zu ihrer Ausbildung einen (oder mehrere) Doktortitel. Dies sagt allerdings nichts über die Qualität ihres therapeutischen Könnens (Letztlich bedeutet dies nur, dass diese Therapeuten mehr Zeit als andere in Bibliotheken, vor Computern und/oder in Forschungslabors verbracht haben.).

Da die Wartezeiten bei allen Psychotherapeuten in der Regel lange sind, kann es sinnvoll sein, sich gleich bei mehreren Psychotherapeuten auf die Warteliste setzen zu lassen. Manche Therapeuten haben sich auf bestimmte Probleme spezialisiert. Wenn Sie also schon am Telefon kurz beschreiben können, worum es geht, lässt sich die Frage, ob der(die) Therapeut(in) sich zuständig fühlt, manchmal schon vorab klären. Sie können hier auch schon erfahren, welche Therapieverfahren er oder sie anwendet. Manche Therapeuten(innen) haben neben ihrer Psychotherapieausbildung (Verhaltenstherapie, Psychoanalyse od. tiefenpsychologisch fundierte Therapie) auch noch weitere therapeutische Verfahren gelernt, die sie je nach Bedarf anwenden. Die wichtigsten sind: Gestalttherapie, Familientherapie od. Systemische Therapie, Hypnotherapie, Gesprächstherapie, Transaktionsanalyse, Psychodrama und Körpertherapie (meist Bioenergetik).
Psychotherapie findet in der Regel als Einzeltherapie statt. Bei den meisten Therapierichtungen (außer bei Familientherapie und Hypnotherapie) sind auch Gruppenbehandlungen möglich oder werden sogar bevorzugt angewandt. In bestimmten Fällen ist dies sehr sinnvoll z.B. wenn es um Probleme im Kontakt mit anderen Menschen geht.

Natürlich gibt es noch mehr therapeutische Ansätze, als die oben genannten, und wenn Sie sich vielleicht für eine bestimmtes Verfahren interessieren, sollten Sie schon am Telefon direkt danach fragen.

2. Die Kosten einer Psychotherapie:

Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten, die Kosten einer Psychotherapie zu finanzieren:

a) Sie haben genügend Geld, sich etwa wöchentlich eine psychotherapeutische Sitzung (= 50 Min.) zu einem Preis, der in der Regel zwischen 75 und 100 € liegen dürfte, zu leisten.
In diesem Fall geht es dann nur darum, sich den/die richtige(n) Therapeuten(in) zu suchen. Dieser Fall ist zwar der einfachste, aber er ist eigentlich die Ausnahme. Jemand, der schwerwiegende psychische Probleme hat, sollte sich nicht scheuen, von seinem Recht Gebrauch zu machen: Er sollte die Kosten von seiner Krankenversicherung übernehmen lassen.

(Wenn ich im folgenden männliche Personenbezeichungen verwende, dann nur zur sprachlichen Vereinfachung. Natürlich sind immer die weiblichen Psychotherapeuten mitgemeint, vor allem, weil es auch insgesamt mehr Psychotherapeutinnen gibt als Psychotherapeuten.)

b) Sie möchten die Behandlung durch Ihre Krankenkasse auf Krankenschein finanzieren lassen.
In diesem Fall geht es natürlich auch darum, den richtigen Gesprächspartner für Ihre Probleme zu finden, jedoch müssen Sie dann einiges an formalen Dingen beachten. Der Arzt oder der Diplom-Psychologe an den Sie sich wenden, muss nämlich von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) als Psychotherapeut zugelassen sein: Das heißt er muss nicht nur die Approbation und den Fachkundenachweis in dem jeweiligen Therapieverfahren (Verhaltenstherapie, Psychoanalyse od. tiefenpsychologisch fundierte Therapie) erworben haben, sondern auch eine Zulassung zur Abrechung von psychotherapeutischen Leistungen besitzen.

--> Sie können diese Therapeuten direkt aufsuchen!
--> Sie müssen sich nicht erst von einem anderen Arzt überweisen lassen.

Sie können bei diesen Ärztlichen oder Psychologischen Psychotherapeuten bis zu 5 Probesitzungen machen, um zu entscheiden, ob Sie sich bei ihm (oder ihr) gut aufgehoben fühlen. Haben Sie in diesem Punkt ein gutes Gefühl, dann wird der Psychotherapeut mit Ihnen zusammen eine Therapie beantragen, wenn er selbst dies auch für sinnvoll hält. Der Psychologische Psychotherapeut Sie während der ersten Probesitzungen (in der Regel 5) zu einer medizinischen Untersuchung an einen Arzt überweisen. Dieser beurteilt, ob es medizinische Gründe gibt, die gegen eine Psychotherapie sprechen (Konsiliarbericht).

c) Sie finden keinen zugelassenen Psychotherapeuten oder wollen bei einem Psychotherapeuten in Behandlung, zu dem Sie schon Vertrauen gewonnen haben, der aber keine Zulassung hat.
Die Ärztlichen und Psychologischen Psychotherapeuten, welche über Krankenschein abrechnen können, reichen bei weitem nicht aus, um den Bedarf an Psychotherapie zu decken. Die Gerichte haben für diesen Fall auch weiterhin die Möglichkeit der Finanzierung über Kostenerstattung eingeräumt. Falls Sie keinen zugelassenen Psychotherapeuten finden können, der Sie mit zumutbarer Wartezeit und in annehmbarer Entfernung zu Ihrem Wohnort behandeln kann, so ist Ihre Krankenkasse verpflichtet, Ihnen die Psychotherapie bei einem approbierten Psychologischen Psychotherapeuten - auch wenn dieser nicht in der kassenärztlichen Versorgung tätig ist - zu ermöglichen (= Kostenerstattungsverfahren). Kostenerstattung heißt in diesem Fall, dass Sie von diesem Psychotherapeuten eine Rechnung über die Kosten der Therapiesitzungen bekommen. Diese Kosten bekommen Sie dann wieder von Ihrer Kasse erstattet.

d) Sie sind privatversichert und möchten, dass Ihre Kasse die Kosten einer Psychotherapie übernimmt.
Sie haben auch hier in der Regel das Anrecht auf bis zu 5 Probesitzungen. Diese muss die Kasse bezahlen, ohne dass dafür ein eigener Antrag notwendig ist. Einige wenige Privatkassen (meist kleinere Kassen aber auch z.B. die HUK-Coburg) schränken allerdings die Erstattung der Kosten auf eine Behandlung durch einen Ärztlichen Psychotherapeuten ein. Sie sollten sich hier also vorher genau informieren.
Für den eigentlichen Therapieantrag sind die Regelungen je nach Privatkasse unterschiedlich. Sie müssen sich daher direkt an Ihre Kasse wenden und sich die entsprechenden Bestimmungen sowie Antragsformulare zuschicken zu lassen.
Wenn Sie beihilfeberechtigt sind, sollten Sie sich ebenfalls in dem Zeitraum, in dem Sie die Probesitzungen wahrnehmen, von Ihrer Beihilfestelle die aktuellen Bestimmungen und Antragsformulare schicken lassen. Die Beihilfestelle leitet den gestellten Antrag an einen ärztlichen Gutachter weiter. Wird der Antrag von diesem befürwortet, dann ist ein eigener Antrag an Ihre Privatkasse in der Regel unnötig. Die Privatkasse erstattet dann den tariflich vereinbarten üblichen Prozentsatz.

3. Die Dauer einer Psychotherapie:

Die Krankenkassen genehmigen über Krankenschein (siehe oben unter Punkt b) nur verhaltenstherapeutische Behandlungen, tiefenpsychologisch fundierte Behandlungen und Psychoanalysen. Im Bereich der Kostenerstattung (s.o. unter Pkt. c) kommen aber oft auch die anderen Behandlungsansätze zur Anwendung. Man spricht dann von einem schulenübergreifenden Vorgehen. Nicht alle Kassen akzeptieren jedoch diese Art der Behandlungsform und sie bestehen auch in der Kostenerstattung auf einem der oben genannten drei Verfahren.

a) Die Dauer einer Verhaltenstherapie (VT) oder einer tiefenpsychologisch fundierten Therapie (TFT):

  • Für eine Kurzzeitbehandlung werden nach den maximal 5 Probesitzungen und einer Sitzung für die Anamneseerhebung weitere 25 Sitzungen beantragt. Bei wöchentlichen Sitzungen wird man also mit einer Dauer von einem halben bis zum einem Jahr rechnen müssen. Eine Kurzzeitbehandlung kann bei Bedarf innerhalb der ersten 20 Sitzungen in eine Langzeitbehandlung umgewandelt werden.
  • Für eine Langzeitbehandlung muss vom Psychotherapeuten nach den 5 Probesitzungen (bzw. am Ende der Kurzzeitbehandlung) immer ein ausführlicher Bericht mit Behandlungsplan erstellt werden. Dieser Bericht wird von der Krankenkasse in anonymisierter Form einem Gutachter zur Beurteilung zugeschickt. Eine Langzeitbehandlung dauert in der Regel 45 Sitzungen (VT) bzw. 50 Sitzungen (TFT). Wenn nötig, kann sie noch mal um 15 (VT) bzw. 25 (TFT) und in einem dritten Schritt um weitere 20 Sitzungen (VT) bzw. 30 (TFT) verlängert werden. Somit kann eine Verhaltenstherapie insgesamt maximal 85 Sitzungen dauern und eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie maximal 110 Sitzungen. Man muss also bei wöchentlichen Sitzungen mit einer Therapiedauer von 1 - 2 Jahren rechnen. In manchen Fällen ist es auch notwendig, Doppelstunden zu machen, insbesondere wenn es um die Bewältigung von Ängsten geht. Dadurch kann sich die Zeitdauer auch reduzieren.

Es gibt immer auch Ausnahmen von solchen Regeln. Wenn z.B. der bisherige Verlauf der Therapie durch unvorhergesehene kritische Lebensereignisse (Tod von nahen Angehörigen oder andere schicksalhafte Ereignisse) erschwert wurde, kann ein weiterer Verlängerungsantrag durchaus erfolgreich sein. Die Gutachter haben hier durchaus Ermessensspielräume, damit sie im individuellen Einzelfall mit ihren Entscheidungen auch unerträgliche Härten vermeiden können.

Wird die Kurzzeitbehandlung (oder ein Teil der Langzeittherapie) als Gruppentherapie durchgeführt, so bekommen Sie für eine Einzeltherapiesitzung von 50 Minuten jeweils eine Gruppentherapiesitzung von 100 Minuten. Es verlängert sich dadurch also nicht unbedingt die Dauer der Therapie. Es erhöht sich nur die Dauer des therapeutischen Kontakts.
Die Notwendigkeit von Gruppentherapiesitzungen und Doppelsitzungen muss eigens vom Psychotherapeuten im Antrag begründet werden.

b) Die Dauer einer Psychoanalyse:
Eine Psychoanalyse ist von ihrer Dauer sehr viel länger angelegt. Hier können insgesamt 5 x 60 Sitzungen beantragt werden, wobei die Sitzungen meist 2 -3 mal wöchentlich stattfinden. Eine Dauer von 2 - 3 Jahren liegt hier durchaus im Bereich des Normalen.

Eine Therapie beim Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten kann für Kinder zunächst 70 Stunden dauern, wobei eine erste Verlängerung um 50 Stunden und eine weitere um 30 Stunden beantragt werden kann. Bei Jugendlichen werden zunächst 90 Sitzungen beantragt, danach ist eine Verlängerung um 50 Stunden und eine weitere um 40 Stunden möglich. Auch diese Art der Psychotherapie kann in einer Gruppe stattfinden, wobei hier jedoch insgesamt nur 90 Sitzungen möglich sind.


Ich hoffe, dass Ihnen diese Informationen etwas mehr Klarheit bringen konnten. Wenn Sie sich in den Probesitzungen unsicher mit Ihrem Therapeuten sein sollten, ist ein Wechsel des Therapeuten oft sinnvoller, als eine Therapie zu beginnen, die dann möglicherweise keine gute Basis hat. Eine gute, vertrauensvolle Beziehung zum Therapeuten ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Psychotherapie. Es ist nicht möglich mit jedem Menschen über sehr persönliche Dinge zu reden. Man muss zueinander passen. Erlauben Sie sich dann also - auch wenn Sie mit Wartezeiten rechnen müssen - lieber noch mal Probesitzungen bei einem anderen Therapeuten. Dies ist sinnvoller und ökonomischer, als vielleicht irgendwann, ein paar Jahre später, einen erneuten Anlauf machen zu müssen.


Text von Dr. Wolfram Dorrmann unter Mitarbeit von Dr. Martin Mikoleit (Version Mai 2002)
Quelle: Faber/Haarstrick, Kommentar Psychotherapierichtlinien, Jungjohann, Neckarsulm/Stuttgart, 3. Aufl. 1994

 


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Letzte Bearbeitung: Sonntag, 22. Februar 2009